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PirateCamp Oberbayern war ein Riesenerfolg

Der folgende Text ist ein Gastbeitrag von Christian „@softmetz“ Kalkhoff und ist ursprünglich am 18.10.2010 im Blog nerdicism erschienen. Der Text steht unter CC-BY-SA Lizenz.

Am 17.10.2010 veranstaltete die Piratenpartei Oberbayern im Münchner EineWeltHaus das erste PirateCamp in Oberbayern. Aus dem ganzen Bezirk und darüber hinaus kamen knapp 20 PiratInnen und SympathisantInnen zusammen um nach dem Vorbild eines BarCamps Themen zu wälzen, die unter den Nägeln brennen.

Ein BarCamp wird auch als Unkonferenz bezeichnet, die Trennung zwischen ReferentInnen und TeilnehmerInnen ist quasi aufgehoben. Sessions bei einem BarCamp haben also eine deutlich stärkere Interaktionsquote als klassische Konferenzen oder Klausurtagungen.

Die Themen waren zum Teil von einzelnen Teilnehmern vorbereitet, allerdings geschah die Ausgestaltung generell sehr spontan. Dabei rutschten die Session aber nicht ins Chaos ab sondern es herrschte durchgängig eine konstruktive Atmosphäre. Vielleicht hat hierzu auch beigetragen, dass es keinerlei Druck gab Ergebnisse zu erzeugen sondern das Thema im Mittelpunkt stand.

Obwohl 2 Räume zur Verfügung standen wurden die Sessions weitestgehend nacheinander abgehalten, da die Themen von den TeilnehmerInnen als zu wichtig oder interessant angesehen wurden um sie den anderen zu überlassen. 🙂

Los ging es mit einer Session zum Thema “Motivation“. Die Anwesenden durften sich mal so richtig auskotzen, was sie denn an der Arbeit in der Piratenpartei momentan nervt. Es entstand eine umfangreiche Liste an Kritikpunkten, die sich dann aber auf die Hauptpunkte “Kommunikation”, “Unterschiedliche Themen, Werte und Visionen” und “Mangelnde Struktur und Strategie” zusammenfassen ließen. Natürlich wären wir keine PiratInnen, würden wir nicht auch etwas Positives finden. Hervorzuheben sind der starke Mitmachcharakter und die tollen sozialen Kontakte die sich durch die gemeinsamen Ziele ergeben haben. Und natürlich haben wir unsere Ziele nicht vergessen und verfolgen diese mit großem Idealismus.

Von mir eingebracht wurde das Thema “Fundraising“. Mich hat interessiert, wie meine MitpiratInnen es generell mit Spenden halten und ob sie einen Überblick über die aktuellen “Anlagemöglichkeiten” haben. Dabei haben sich in meinen Augen sehr interessante Punkte ergeben.

Am Anfang stand eine grobe Analyse unserer Einnahme- und Ausgabensituation. In (Ober)bayern finanziert sich die Partei demnach vorwiegend aus Mitgliedsbeiträgen und zweckgebundenen Spenden. Die Parteienfinanzierung spielt erst 2013 eine Rolle, da dann Landtagswahlen in Bayern anstehen. Weitere Einnahmemöglichkeiten wie das Anbieten von Seminaren wurde kurz beleuchtet.

Die Anwesenden waren sich einig, dass sie lieber für ein konkretes Projekt spenden als für die Partei im Allgemeinen. Die Höhe des Mitgliedsbeitrags wurde von der Mehrheit der Anwesenden als zu niedrig empfunden, allerdings sollte statt einer Erhöhung eine aktive Forderung nach 1% Zusatzbeitrag erhoben werden.

Generell kristallisierte sich heraus, dass die Beteiligungsmöglichkeiten sehr stark im Wiki verstreut sind oder gar nicht existieren. Auch fehlt eine langfristige strategische Planung zu Aktionen, so dass auch eine entsprechende Kampagnenplanung inkl. zugehörigem Spendensammeln dringend notwendig ist.

Auf die Frage, ob wir eine zentrale Fundraising-Plattform brauchen kam der Einwand, dass es dort nicht nur um Geld sondern um Ressourcen aller Art (Inkl. MitarbeiterInnen) gehen sollte. Statt eine Neuentwicklung durchzuführen sollten bestehenden Lösungen untersucht und zusammengeführt werden. Moderne Zahlkonzepte wie Micropayment sollten umgesetzt werden.

Ich persönlich denke, dass diese Session ein guter Anfang für ein Projekt war, die Spendensammelaktionen der Piratenpartei nicht nur buchhalterisch zu professionalisieren. Wir haben aber auch festgestellt, dass Spenden und MitarbeiterInnen nur ein Teil sind und dass eine ganzheitliche Kampagnenstrategie fehlt.

Nach der Mittagspause fanden zwei Sessions zu den Themen “Urheberrecht” und “Olympia 2018” statt. Ich selbst hatte den Vorschlag für Olympia 2018 gebracht und nahm folglich an dieser Session Teil.

Mein Ansatz war, dass die Piraten, wollen sie in München Kommunalpolitik machen, zu akuten Themen Stellung beziehen müssen. Aktuell befindet sich München in der Liste der Kandidaten für die Olympischen Winterspiele 2018. In der Stadt regt sich seitens verschiedener Gruppen Widerstand, oft geht es dabei um regional begrenzte Punkte, aber auch um Steuermittelverschwendung und Korruption. Da wir als Piratenpartei (noch) keine Position zu sportlichen Großveranstaltungen im Allgemeinen und zu Olympia im Besonderen haben, habe ich mir vorgenommen ein Positionspapier zu erstellen, welches die Forderungen der Piratenpartei nach Transparenz hinsichtlich aller Vergabeverfahren und Wahrung der Verhältnismäßigkeit bei den Baumaßnahmen (z.B. Nutzung bestehender Infrastruktur statt Neubau) aufstellt. Persönlich glaube ich, dass zum jetzigen Zeitpunkt eine Ablehnung der Bewerbung nur auf Basis von relativ abstrakten Ängsten möglich ist. Es ist aber durchaus möglich die Bewerbungsphase kritisch zu beäugen und bei Unregelmäßigkeiten Alarm zu schlagen.

Um den BürgerInnen die Möglichkeit zu geben, sich intensiver mit dem Thema zu beschäftigen, soll ein “Watchblog” erstellt werden, welches alle öffentlich verfügbaren Informationen aggregiert und nicht verfügare Informationen benennt und den Zustand anprangert. Das Positionspapier soll der Gründungsversammlung des Kreisverband München am 31.10.2010 zur Abstimmung gegeben werden.

Beim nächsten Thema saßen wieder alle an einem Tisch. Es ging um “Kampagnenplanung” und somit knüpfte die Session quasi an die Fundsraising-Session vom Vormittag an. Als Fallstudie betrachteten wir das Engagement gegen die Netzsperrenpläne auf EU-Ebene (Censilia). Die Projektgruppe, welche bei der deutschen Piratenpartei damit betraut ist, wurde erstmalig als Gruppe gegründet (Vorher wurde meist nur eine KoodinatorIn benannt). Es gibt also eine Koordinatorin und mehre Leute die quasi ein Backoffice darstellen. Update: Missverständnis meinerseits, die Koordinatorin für Censilia hat erstmalig konkret Ziele und Rahmen benannt bekommen. Inzwischen hat sie ein Projektteam um sich gescharrt, welches sie tatkräftig unterstützt. Danke für den Hinweis.

Auffällig ist, dass bei vielen Kampagnen eine langfristige Strategie fehlt. Es ist auch so, dass die PiratenInnen bei Ad-hoc-Aktionen, z.B. Mahnwachen gegen Polizeigewalt bei S21, extrem schnell reagieren. Daran, dass Themen langfristig bearbeitet werden (Bretter bohren) muss aber definitiv noch gearbeitet werden.

Es sollten Kampagnen-Vorlagen (Prozesspläne, Webseiten, Padgruppen, etc.) erstellt werden, so dass nicht bei jedem Thema das Rad neu erfunden wird und außerdem ein Wiedererkennungseffekt besteht. Hier sollte meiner Meinung nach auf jeden Fall angeknüpft werden und eine entsprechende Projektgruppe ins Leben gerufen werden.

Die letzten beiden Sessions fanden wieder parallel statt. Neben “Neumitgliederbetreung” stand “Kommunalpolitik” auf dem Plan, zu der ich ging.

Es wurde von einem kürzlich besuchten Kommunalpolitikseminar der Friedrich-Ebert-Stiftung berichtet und die Notwendigkeit für die Piratenpartei diskutiert, Kommunalpolitik zu machen. Wesentliche Erkenntnis war, dass die Vernetzung zu bestimmten Themen parteiintern sehr gut funktioniert, allerdings die regionale Vernetzung krankt. Es wurde in diesem Zusammenhang auch die Verbandgründungswut besprochen, die gerade im Ländlichen durch die Einführung von “Light-Verbänden”, eine in der Session aufgekommenen Idee, umgangen werden könnte. Bei diesen Verbänden würden ein oder mehrere Personen durch Mitglieder und/oder dem übergeordneten Vorstand legitimiert und nach Unterschrift einer Datenschutzerklärung würde Ihnen Zugriff auf die Mitgliedsdaten gewährt. Diese Idee kam bei einem Betroffenen sehr gut an, anwesende Vorstände wiesen aber auf mögliche Probleme hinsichtlich Datenschutz hin. Die Idee sollte m.E. geprüft werden.

Die Piratenpartei startete als bundesweite Bewegung. Dadurch sind ihre Mitglieder meist auch nicht so stark regional verankert. Während man sich in anderen Parteien von unten nach oben (Kommune nach Bund) hocharbeitet, arbeiten wir uns langsam vom Bund zu den Kommunen runter. Es ist sehr wichtig, dass auch die kleinteilige Arbeit wahrgenommen wird. Insbesondere mit Themen wie Transparenz, Informationsfreiheit und Korruptionsbekämpfung können wir gerade vor Ort sicher punkten.

Zum Abschluss gab es noch eine kurze Feedback-Runde. Die Verstaltung kam gut an, es wurde aber etwas die thematische Ungebundenheit und mangelnde Vorbereitung (mehr Vorträge) bemängelt. Auch die Anbindung ans Internet war suboptimal.

Grundsätzlich wollten alle Anwesenden, dass das PirateCamp in Oberbayern wieder stattfindet. Der Bezirksvorstand denkt an einen dreimonatigen Turnus. Ich freue mich schon.

1 Kommentar zu “PirateCamp Oberbayern war ein Riesenerfolg

  1. Piratenigel

    seit wann gibt es sowas?

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